Lateinamerika-Post | September 2023 | 50 Jahre Putsch in Chile

Lateinamerika Post | September 2023

Liebe Leser*innen,

Chile gedenkt dieses Jahr dem Militärputsch vor 50 Jahren, dem 11. September 1973. Diesem Thema ist diese Ausgabe mit zahlreichen Beiträgen, vor allem unseres Büros in Santiago de Chile, gewidmet.

Das heutige Chile kämpft weiter mit den Folgen der sozialen Proteste 2019 – dem estallido social –, den Konsequenzen der Coronapandemie und seit der krachenden Ablehnung des neuen Verfassungsvorschlags im September 2022, mit wachsender Politikverdrossenheit. Während die linksprogressive Regierung von Gabriel Boric aufgrund fehlender Mehrheiten im Parlament blockiert ist, machen rechte Politiker*innen diktaturfreundliche Erzählungen wieder salonfähig. Dieselben stellen auch die rechtskonservative Mehrheit im neu zusammengestellten Verfassungskonvent.

Die Verteidigung der chilenischen Demokratie wird 50 Jahre nach dem Putsch immer wieder im Rahmen kollektiver Erinnerungsarbeit diskutiert. Dazu finden Sie unten Veranstaltungsmitschnitte, Publikationen sowie Beiträge über die wichtige Rolle eines kritischen Journalismus, die Stärke faktischer Mächte und die Herausforderungen der Umsetzung eines neuen Entwicklungsmodells für gerechte sozial-ökologische Transformation in Chile.

Mit herzlichen Grüßen,
das Lateinamerikateam der Heinrich-Böll-Stiftung

Aktuelles

Menschen stehen vor dem Präsidentenpalast La Moneda in Santiago de Chile, sie haben Plakate mit Kreuzen und dem Wort "Desaparecido" auf eine Wiese gestellt und halten diese ebenfalls in die Luft. Sie schauen zum Präsidentenpalast.

Artikel

50 Jahre Putsch in Chile: Die Narben sind sichtbar
Politikverdrossenheit, verstärktes Misstrauen in die politischen Eliten und die Enttäuschung über das erste Referendum für eine neue, demokratische Verfassung prägen die Gegenwart Chiles. Derweil verklären rechte Stimmen die Diktaturzeit positiv; Stimmen, die die Mehrheit im aktuellen Verfassungskonvent bilden. Der laufende Prozess trifft in der chilenischen Zivilbevölkerung jedoch oft auf Desinteresse. Von Gitte Cullmann Mehr

Kolumne

Nuestros 50 años
Der 50. Jahrestag des Putsches entfachte eine Debatte über den von einigen Sektoren verbreitete Slogan „gedenken“ in Kleinbuchstaben und „Zukunft“ in Großbuchstaben. Schließen sich diese beiden Dinge wirklich aus? Nein: Ángela Erpel schreibt über das komplexe Zusammenspiel von Erinnerung und der Rolle des Journalismus bei der Gestaltung der Identitäten und der Zukunft Chiles. Mehr (Spanisch)

Publikationen

Publikation

Periodismo de investigación, derechos humanos y memoria
Über die Verbindungen von Menschenrechten, Erinnerung und Journalismus in Lateinamerika

Mit Blick auf die Identitätsbildung und Zukunftsgestaltung der Region reflektiert Mauricio Weibel die ethischen und narrativen Grundlagen des investigativen Journalismus. Welche Position hat der Journalismus in Bezug auf Menschenrechte und kollektive Erinnerung?

Download (Spanisch)

E-Paper

Faktische Mächte
Faktische Mächte vereinnahmen Staaten, nutzen sie für ihre Zwecke und höhlen demokratische Grundsätze aus. Sie gestalten Gesetze und kontrollieren ganze Gebiete. Unsere Publikation analysiert den Einfluss faktischer Mächte auf die Demokratien Lateinamerikas.

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Veranstaltungsreihe 50 Jahre Putsch in Chile

4 Daten der Veranstaltungen der Konversationsreihe 50 Jahre Staatsputsch: Viele Welten der Gegenwart

Ein neues Entwicklungsmodell
Die Herausforderungen, die sich aus der Klimakrise und der notwendigen Reduktion der Erderwärmung auf 1,5° ergeben, stellen Regierungen weltweit vor neue Schwierigkeiten. Gleichzeitig öffnen sie ein neues Vakuum für demokratiegefährdende, rechte Narrative. Deutschland und Chile stehen vor der Aufgabe, ein Entwicklungsmodell zu entwickeln, das der gerechten sozial-ökologischen Transformation folgt und die Interessen von Zivilgesellschaft, Unternehmen und dem Staat berücksichtigt. Mitschnitt (Spanisch)

Unzerstörbare Stimmen: Fortbestehender Journalismus
50 Jahre nach dem militärischen Staatsputsch in Chile hat die politische Rolle eines kritischen Journalismus nicht an Bedeutung verloren. Schulden, soziale Ungleichheit und Straflosigkeit der Eliten prägen die chilenische Realität. Heute steht die unabhängige Berichterstattung an vorderster Stelle bei der Denunziation von Korruption und faktischen Mächten. Mitschnitt (Spanisch)

Empfehlungen

Titelbild der Recherche, Überschrift #50JahremitErinnerung, eine Frau sitzt im Estadio Nacional in Santiago de Chile, hinter ihr der Spruch: Un pueblo sin memoria es un pueblo sin futuro

Interviewreihe

#50JahreErinnerung
Verschiedene Stimmen erzählen, was die Diktatur für sie bedeutete. Bekannte Fälle wie Degollados und die „Karawane des Todes“ kommen zur Sprache, aber auch die Organisation des Widerstandes gegen das Regime.

Mehr (Spanisch)

Der Diktator Pinochet und ihm loyale Generäle salutieren. Hinter ihnen der Name des Gebäudes für interne Steueranliegen

Recherche

Dokumente der Diktatur: Enorme Steuerhinterziehung
1975 legt der Rechnungsprüfer Humeres der Militärjunta seine Bilanz für 1974, das erste Jahr nach dem Putsch, vor. Sein Fazit: Obwohl große Ausgaben für den Agrar- und Industriesektor erfolgten, war der letztendliche Ertrag viermal niedriger als 1973. Wie viele Steuern während des Regimes Pinochets hinterzogen wurden, ist bis heute unklar.

Mehr (Spanisch)

Porträts von zwei Frauen vor dem Hintergrund des brennenden Präsidentenpalastes La Moneda in Santiago de Chiles am Tage des Putsches

Audiodokumentation

Dokumente der Diktatur: Historische Audioaufnahmen
1986, einem der brutalsten Jahre des Pinochet-Regimes, verbreiten die Journalistinnen Patricia Verdugo und Mónica González zwei Kassetten: Mit ingesamt 90 Minuten rekonstruieren sie minutengenau die Ereignisse, die zum Putsch führen und den Tag der Bombardierung des Präsidentenpalastes.

Mehr (Spanisch)

boell.de

Fotos: Aktuelles: Archiv Agrupación de Familiares de Detenidos Desaparecidos, All rights reserved. Publikationen: hbs, All rights reserved. Veranstaltungsreihe 50 Jahre Putsch in Chile: Alejandra Ugarte, CC BY-NC-SA 2.0. Empfehlungen: El Desconcierto, All rights reserved; Ciper, All rights reserved.

Absenderin: Heinrich-Böll-Stiftung, Die grüne politische Stiftung, info@boell.de
Redaktion: Marah Koch Manzur
V.i.S.d.P.: Julia Scherf

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